Musik im Blut kann uns beim Bullenreiten sehr nützlich sein. Manch einer blieb gekonnt im Rhythmus des Bullen bis zum Schluss im Sattel.

Der Vaqueiro — williger Helfer in der Not (Viehhüter oder Cowboy) ist gelassen, wortkarg, schmächtig und etwas gebeugt. Er wirkt lustlos, ganz ohne Initiative. Da die Trockenheit näher rückt, bereitet er sich auf den schwierigsten Teil seiner Aufgabe vor. Von jetzt an wird er seine fremdartig aussehende Kleidung tragen. Über den knochigen Schultern hängt eine Lederjacke. Vom Hals bis zum Gürtel reicht ein Brustschutz, meist aus Jaguarfell. Eine robuste Lederhose schützt seine Beine. Rauhes, sandalenähnliches Schuhwerk bedeckt seine Füße. Vervollständigt wird die Ausrüstung durch dicke Lederfäustlinge und einen konischen Lederhut mit hochgebogener Krempe.

Nur mit einer solchen Kleidung kann sich der vaqueiro in die gestrüppreiche Catinga wagen. Er sucht nach kranken, verletzten, verhungernden oder gehunfähigen Tieren. Wie ein Hirte bringt er sie zeitweise in die Pferche. Als letzten Ausweg bekommen die Tiere Zweige von einem nahen Mesquitbaum.

Rinder einfangen

Ungefähr im Dezember kehrt die Regenperiode wieder und damit auch die willkommene Erlösung vom Schrecken der Trockenheit. Der Boden und die Bäume erleben ein wunderbares Erwachen. Jetzt ist es an der Zeit, in dem blühenden Gestrüpp die älteren Tiere einzufangen und zur Ranch zu bringen. Gut in seiner Lederrüstung verpackt, die ihm mehr das Aussehen eines mittelalterlichen Ritters als eines Cowboys verleiht, macht sich der vaqueiro mit dem Pferd auf den Weg. Er ist geschickt und aufmerksam. Er weiß aus Erfahrung, dass wahrscheinlich die meisten Tiere überlebt haben. Zweifellos ist das auch der indianischen Mischrasse zu verdanken, die hier als „roughbred“ bezeichnet wird. 

So ein Tier einzufangen ist wirklich ein Schauspiel. Sieh nur, dort ist ein Bulle! Ja, das Pferd hat ihn auch schon gesichtet. Der Cowboy weiß, was sein Reittier als nächstes tun wird, und bereitet sich darauf vor, indem er seinen Kopf in der Mähne des Pferdes versteckt. Das verrückte Rennen kann beginnen! Der Bulle ist an die Freiheit gewöhnt und will daher nicht so leicht aufgeben. Das Pferd folgt ihm dicht auf den Fersen, immer dichter in das Gestrüpp, ohne auf den Reiter zu achten, der sich fest in der Mähne verschanzt und versucht, den unzähligen Zweigen auszuweichen, die gegen seine Lederrüstung peitschen. Das Pferd ist wie besessen von seinem Ziel, den Bullen einzufangen.

Sie rasen auf ein Stück offenes Land zu — die Chance, das fliehende Tier einzufangen. Ein unerwarteter Spurt, und der Cowboy und sein Pferd sind mit dem Ausreißer auf gleicher Höhe. Mit dem rechten Fuß im Steigbügel, die eine Hand in der Mähne des Pferdes vergraben, beugt sich der Cowboy nach rechts und ergreift den Bullen am Schwanz. Ein genau berechneter und plötzlicher Ruck zur Seite, und der Bulle strauchelt, fällt dröhnend zu Boden.

Während der Bulle fällt, springt der Cowboy auf ihn. Er dreht den Kopf des Bullen zur Seite, so daß sich die Hörner im Boden festgraben. Unerklärlicherweise ist diese Bewegung für den Bullen das Signal, daß er den Kampf verloren hat. Der Widerstand ist gebrochen. 

Rodeo und Volkslieder

Am Ende der Regenperiode wird das für den brasilianischen Nordosten typische Rodeo veranstaltet. Obwohl es spanischen Ursprungs ist, hat es heute eine einheimische Prägung. Bei diesem Fest wird praktisch die Arbeit des vaqueiro wiederholt, doch diesmal in einem festlichen Rahmen und mit dem Applaus der Zuschauer.

Aus allen Richtungen dieses Gebiets kommen Rinderhirten hoch zu Ross. Sie haben polierte Sättel, sauberes Geschirr und gebürstete Lederjacken und wiederholen die Kunststücke, die sie normalerweise in der Wildnis vollführen.

Mit den Cowboys kommen die Sänger, geistreiche Versdichter aus dem Hinterland, die sich selbst auf der Gitarre begleiten. Sie tragen zum Frohsinn der Leute bei und bilden bei Festen und Rodeos eine beliebte Attraktion. Außerdem ist der Feuilletonist da, ein Erzähler aus dem Hinterland; er lobt sein neuestes Werk, das in der Sprache des Hinterlandes verfasst ist, und erzählt eine Reihe unmöglicher Geschichten. Das hilft allen, für eine Weile das harte Leben zu vergessen.